| Wissenschaft & Forschung

Der strategische Weg zur digitalen Transformation

Der strategische Weg zur digitalen Transformation

Es ist keine Frage mehr, ob ein Unternehmen sich der digitalen Transformation stellen muss – wie es das am besten tut, dagegen schon. Welche Strukturen sind für eine systematische Transformation nötig? Wie findet man die richtige Strategie? Ein aktuelles Buch gibt Antworten.

Die Musikindustrie ist das wahrscheinlich bekannteste Beispiel dafür, welche Folgen eine zu lange aufgeschobene digitale Transformation haben kann. 1999 ging Napster online und hebelte mit Peer-to-Peer-Technologie das alte zentrale Vertriebsmodell der Musikindustrie aus. Die Musiklabel gingen gegen die damit verbundenen Urheberrechtsverletzungen vor, setzten sich aber zunächst nicht mit dem Potenzial auseinander, das der digitale Musikvertrieb bot – und verloren Umsatz. Das IT-Unternehmen Apple fand dagegen einen Weg, der die neuen Möglichkeiten nutzte: die Software iTunes und die passende Hardware, der iPod. Mittlerweile erwirtschaftet die Musikindustrie rund ein Drittel ihrer Umsätze über digitale Kanäle, Tendenz steigend, und die CD wird mehr und mehr zu einem Nischenprodukt. Damit hat sich der Musikmarkt innerhalb von 15 Jahren grundlegend verändert: Es gibt neue Vertriebswege, neue Erlösquellen und neue Mitspieler, die die Schnittstelle zum Kunden besetzen und eine entsprechend große Marktmacht haben.

Das Beispiel zeigt, dass der digitale Wandel die unterschiedlichsten Bereiche eines Unternehmens betrifft. Das macht es nicht einfacher, die digitale Transformation systematisch anzugehen. Einen hilfreichen Leitfaden dafür gibt Thomas Hess von der LMU München in seinem aktuellen Buch „Digitale Transformation strategisch steuern“.

Strategien und Strukturen

Zunächst sollte eine Transformationsstrategie erarbeitet werden. Sie hat drei Funktionen:

  • Sie beschreibt, welche Veränderungen in der Wertschöpfungs- und Managementstruktur erforderlich sind,
  • sie gibt den Umgang mit digitalen Technologien vor und
  • sie berücksichtigt den finanziellen Handlungsspielraum und -druck.

Als ganzheitlicher Ansatz kombiniert sie quasi eine IT-Strategie und eine Unternehmensstrategie. Mit ihr können die Transformationsbemühungen über alle Unternehmensbereiche hinweg koordiniert und priorisiert werden. Wichtig ist, die folgenden vier Dimensionen in die Transformationsstrategie einzubeziehen:

  • die Nutzung von Technologien,
  • strukturelle Veränderungen der Wertschöpfung,
  • strukturelle Veränderungen der Organisation und
  • finanzielle Aspekte.

Technologienutzung

Die digitale Transformation ist natürlich untrennbar mit dem Aufkommen digitaler Technologien verbunden. Daher befasst sich die erste Strategiedimension mit dem Einsatz dieser Technologien. Sie beschreibt die strategische Rolle der IT und die technologischen Ambitionen des Unternehmens und beantwortet insbesondere folgende Fragen: Welche Entwicklungen sind zentral für das Unternehmen und sollten beobachtet werden? Welche Ambitionen hat es beim Einsatz digitaler Technologien – strebt es eine Technologieführerschaft an oder reicht es, Standardanwendungen zu nutzen? Welche Anpassungen sind an der IT-Landschaft vorzunehmen?

 

Veränderung der Wertschöpfung

Verfolgt ein Unternehmen neue digitale Aktivitäten, weichen diese in der Regel vom alten Kerngeschäft ab. Damit wirken sich Transformationsstrategien auch auf die Wertschöpfungskette eines Unternehmens aus. So kann der digitale Wandel von Produkten oder Dienstleistungen unterschiedliche Monetarisierungsformen sowie die Erweiterung von Geschäftsbereichen ermöglichen – oder erfordern. Die Leitfrage dieser Dimension lautet: Mit welchen Angeboten oder Prozessen generiert das Unternehmen in Zukunft Erlöse?

Veränderung der Organisation

Neue Technologien und Formen der Wertschöpfung erfordern im Unternehmen auch strukturelle, eventuell sogar kulturelle Anpassungen. Wer ist für die digitale Transformation verantwortlich, wo werden digitale Aktivitäten im Unternehmen angesiedelt, wie können digitale Kompetenzen gebündelt und erweitert werden? Je nach Ausmaß der Veränderungen durch die Digitalisierung kann es sinnvoll sein, neue Aktivitäten und Prozesse in bestehende Strukturen einzubinden oder eine eigene Digitaleinheit zu schaffen.

Finanzielle Aspekte

Natürlich können die genannten Veränderungen nur erfolgreich umgesetzt werden, wenn der finanzielle Handlungsspielraum berücksichtigt wird. Deswegen sollten Unternehmen auch und gerade in Wachstumsphasen ihre digitale Transformation verfolgen. Denn ausreichende finanzielle Mittel erlauben es, die Digitalisierung schnell und ganzheitlich voranzutreiben und dabei handlungsfähig zu bleiben. Geht das Kerngeschäft erst zurück, sind die Mittel für die Umsetzung digitaler Projekte eingeschränkt. Deswegen müssen sich Unternehmen hier fragen, welche Implikationen der digitale Wandel auf ihr Ergebnis hat und welche Investitionsmittel für die digitale Transformation zur Verfügung stehen.

Um die Digitalisierungsstrategie umzusetzen, müssen Produkte, Prozesse und Geschäftsmodelle sowie gegebenenfalls die IT-Landschaft, die Organisationsstruktur, die Kultur und die vorhandenen Kompetenzen angepasst werden.

Bottom-up oder Top-down

Für den Strategieprozess gibt es grundsätzlich zwei Varianten: Die Strategie kann vom Top-Management ausgehen (Top-down) oder aus der Organisation heraus angestoßen werden (Bottom-up). Aber in der Praxis sollten Elemente aus beiden Ansätzen zusammenspielen, denn einerseits lassen sich Digitalisierungsstrategien nur schwer zentral planen, weil sie wie beschrieben die ganze Organisation betreffen. Andererseits ist ein reiner Bottom-up-Ansatz nicht ausreichend, da übergeordnete Ziele und Prioritäten nicht festgelegt werden können. Als Daumenregel gilt: Bottom-up lassen sich eher Ansätze für kontinuierliche, schrittweise Entwicklungen gewinnen, grundlegend neue Ansätze sollten top-down angestoßen werden. Funktioniert dies im Zusammenspiel, geht das Unternehmen gemeinsam den Weg der Digitalisierung.

Siehe dazu auch:
Hess, Thomas: „Digitale Transformation strategisch steuern. Vom Zufallstreffer zum systematischen Vorgehen“, Springer Fachmedien, Wiesbaden 2019, 216 Seiten, 24,99 Euro.

 

 

Autor: Redaktion Zukunft. Kunde.
Bild: © undrey – AdobeStock

 

 

Tags for this article Digitalisierung (165)

82000+

team members

45

countries

70+

languages

500+

clients worldwide

Wir sind global und immer nah bei Ihnen

Wir sind global

Wir sprechen Ihre Sprache und freuen uns, von Ihnen zu hören. Nehmen Sie Kontakt mit uns auf.