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Künstliche Intelligenz im Kundenmanagement: Fit gemacht für jeden Einsatz

Künstliche Intelligenz im Kundenmanagement:  Fit gemacht für jeden Einsatz

Konzerne wie IBM, Facebook und Google investieren Milliarden in das Thema Künstliche Intelligenz (KI). Bald wird uns die neue Form der Datenverarbeitung fast überall begegnen: am Arbeitsplatz, beim autonomen Autofahren oder beim Buchen eines Flugs. Neuronale Netzwerke machen die Systeme intelligent. Aber wie funktionieren sie?

Die Nachricht war eine Sensation: Die Google-Software AlphaGo besiegte im März 2016 den Südkoreaner Lee Sedol, der das verzwickte Strategiespiel Go jahrelang dominiert hatte. Bis dahin galt das Brettspiel mit seinen vielen möglichen Kombinationen als zu komplex für Computer. Wie war es AlphaGo gelungen, das Spiel so meisterlich zu beherrschen? Zunächst wurden der Software 30 Millionen Spielzüge von Experten eingespeist. Danach konnte sie den nächsten Zug eines Menschen in 57 Prozent der Fälle vorhersagen. Anschließend spielte AlphaGo gegen sich selbst, um besser zu werden. Das Programm habe dabei eigenständig Dinge gelernt, „so dass es erstaunlich ist zu sehen, welche Fähigkeiten es sich angeeignet hat“, sagt Demis Hassabis von der britischen Firma DeepMind, die die Software entwickelt hat. Das Geheimnis dieser künstlichen Intelligenz sind sogenannte neuronale Netzwerke.

Neue Recheneinheiten: künstliche Nervenzellen

Diese Netzwerke sind nicht neu. Das Konzept neuronaler Netzwerke erdachten die Neurowissenschaftler Warren McCullogh und Walter Pitts von der Universität Chicago bereits im Jahr 1947. Ihre Idee revolutionierte die Informatik. Denn als Recheneinheiten schlugen sie statt elektronischer Transistoren künstliche Nervenzellen (Neurone) vor, die miteinander zu Schaltkreisen verbunden werden. Anders als Transistoren, die nur binäre Zahlen (Einsen und Nullen) verarbeiten, schicken künstliche Neuronen erst dann ein Signal ab, wenn die Summe ihrer Informationen oder Inputs einen gewissen Schwellenwert überschreitet. Allerdings: Heute simulieren Computer die Schwellenwert-Logik der neuronalen Netze durch eine binäre Logik.

Von der Eingabe- zur Ausgabeschicht

Ihre tatsächliche Stärke kann eine einzelne künstliche Nervenzelle erst durch das Zusammenspiel mit anderen in einem großen Netzwerk entfalten. Um zu verstehen, wie dieses Netzwerk aufgebaut ist und wie künstlichen Neuronen darin untereinander kommunizieren, schaut man sich am besten ihre Architektur an: Hundert oder Tausend Neuronen sitzen in übereinanderliegenden Schichten und sind nur mit denen der darauffolgenden Schicht über simulierte Leitungen verbunden. Ein Neuron kann also immer nur ein anderes in einer darunter liegenden Schicht aktivieren. Es kann keine Schicht überspringen, auch Verbindungen innerhalb einer Schicht oder mit zurückliegenden Schichten sind nicht möglich. Die Informationen fließen also immer nur in eine Richtung – von der Eingabe- zur Ausgabeschicht. Aber: In einem vollständig verbundenen neuronalen Netzwerk sind sämtliche Neuronen einer Schicht mit allen darauffolgenden verbunden. Im Prinzip arbeitet dieses Netzwerk wie ein menschliches Gehirn, in dem viele Nervenzellen untereinander Informationen austauschen. Die oberste Schicht der Neuronen, also die Eingabeschicht, funktioniert dabei wie ein Sensor, der mit Daten gefüttert wird, die im gesamten Netzwerk anschließend sortiert und analysiert werden. Das können Bilder, Geräusche oder Stimmen sein; schlicht enorme Datenmengen, auf die eine Klassifikation angewendet wird.

Netzwerke lernen selbstständig

Bei tiefen neuronalen Netzwerken befinden sich zwischen den Neuronen der Eingabeschicht und denen der Ausgabeschicht mindestens zwei oder mehrere versteckte Schichten, die das System so komplex machen und ihnen die Fähigkeit verleihen, zu lernen und sich an neue Aufgabenstellungen anzupassen. In einem tiefen neuronalen Netzwerk ist oft nicht klar, auf welche Informationen die Neuronen in den tieferen versteckten Schichten reagieren. Das ist genau der Punkt, an dem man nicht vorhersagen kann, was die künstliche Intelligenz da tut. Ein solches Netzwerk lernt dann selbstständig. Zwar wurde es vorher trainiert und nach mathematischen Regeln programmiert, aber jedes Neuron vollzieht auch eine nicht-lineare Funktion. Was damit gemeint ist? Jedes Neuron reagiert auf Informationen anders – mal schwach, mal stark. So verhält sich das komplette Netzwerk. Im Einzelnen kann nicht vorherberechnet werden, was die Ausgabeschicht, die mit den Neuronen in den versteckten Schichten verbunden ist, als Ergebnis einer Aufgabe bzw. Klassifikation produziert. Mal kann es zu Fehlinterpretationen kommen – mal nicht.

Ein Baukasten für die technische Singularität

Deswegen müssen neuronale Netzwerke immer wieder trainiert bzw. neu konfiguriert werden, um sie fit zu machen für ihren spezifischen Einsatz. Das können Spiele wie Go sein oder Textroboter im Journalismus, Abstandswarner im Auto oder Sprachroboter im Customer Service. „Erst durch eine spezifische Vernetzung bzw. Konfiguration entsteht der gewünschte Output an Informationen“, erzählt Oliver Geisser, Portfolio-Manager bei Arvato CRM Solutions. Das neuronale Netzwerk kann daher wie ein Baukasten benutzt werden. Für jede individuelle Aufgabe wird es neu zusammengestellt. „Die Kunst besteht darin, die richtige Auswahl für die jeweilige Anforderung zu treffen“, so der Arvato-Experte. Ist das Training einmal abgeschlossen, ist der Einsatz der intelligenten Software fast überall denkbar. Natürlich auch im Kundenmanagement. Hierfür wird die künstliche Intelligenz aktuell so trainiert, dass es die menschliche Sprache erkennt und die Semantik der Wörter versteht, damit es selbständig einfache Kundenanfragen bearbeiten kann. Beispielsweise bei der Buchung von Flügen. Einige Fluglinien testen bereits den Einsatz intelligenter Systeme für den Dialog im Kundenmanagement. Auch Versicherungen, Banken oder Telekommunikationsdienstleister könnten diese künstliche Intelligenz in ihrem Kundenservice einsetzen.

Wie ein Blitz: die künstliche Intelligenz

Derzeit befindet sich die Technik noch im Entwicklungsprozess. Aufgrund steigender Rechenkapazitäten, der universellen Verfügbarkeit der Daten über Cloud-Lösungen und dem globalen Erfolg von Endgeräten wie Smartphone oder Tablet deutet aber vieles darauf hin, dass sich die künstliche Intelligenz mit ihren einzigartigen Möglichkeiten  in absehbarer Zeit in vielen Bereichen des Alltags und der Wirtschaft Einzug halten wird. Wird die künstliche Intelligenz dann den Menschen überlegen sein? Der deutsche Zukunftsforscher Alexander Mankowsky ist sich sicher: „Nein. Absolut nicht. Sich darüber Sorgen zu machen, ist so, als ob ein Zug auf Sie zurast und Sie darüber philosophieren, ob jetzt der Blitz einschlagen könnte.“ Auch der Neurowissenschaftler Miguel Nicolelis von der Duke University sagt, dass digitale Rechner niemals menschliche Hirnfunktionen nachbilden können, weil in unserem Gehirn elektrische Felder aktiv sind, die zufällig Verknüpfungen erstellen. Diese lassen sich mathematisch nicht beschreiben. Wir Menschen sind eben nicht nur meisterhafte Go-Spieler, sondern viel mehr als bloße Hardware und Software.

Autor: Redaktion Zukunft. Kunde.
Bildquelle: istock.com/iLexx

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