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Die Digitalisierung im Gesundheitswesen: Die zweite Meinung aus dem Internet

Die Digitalisierung im Gesundheitswesen: Die zweite Meinung aus dem Internet

»Da haben die Kollegen gute Arbeit geleistet!« Der Hausarzt schaut in seinen Computer, vor seinem Schreibtisch sitzt der frisch operierte Patient. Das Lob gilt dem Team im Krankenhaus. Aufgrund der digitalen Patientenakte ist der niedergelassene Arzt über den erfolgreichen Verlauf der Operation schnell im Bilde. Vor allem im Gesundheitswesen bietet die Digitalisierung noch viele weitere Vorteile.

In Deutschland sterben immer noch mehr Menschen an einer unerwünschten Arzneimittelwechselwirkung als im Straßenverkehr, so die Einschätzung der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA). Der Grund: Häufig weiß der Arzt nicht, welche Medikamente ein Kollege seinem Patienten für ein anderes Krankheitsbild verschrieben hat. Die Folge einer Polymedikation können gefährliche Wechselwirkungen sein, wenn die Präparate nicht miteinander verträglich sind. Das betrifft besonders häufig ältere Menschen, die sich gleichzeitig bei mehreren Ärzten in Behandlung befinden.

Der digitale Nutzen als Gesetz

Das ist ein guter Grund, um die digitale Datenübermittlung beispielsweise per elektronischer Gesundheitskarte oder Patientenakte zu fördern. So sieht es zumindest die Politik und hat im Jahr 2016 das E-Health-Gesetz beschlossen. „Das Gesetz für sichere digitale Kommunikation und Anwendungen im Gesundheitswesen“ enthält einen Fahrplan für die Einführung einer digitalen Infrastruktur mit höchsten Sicherheitsstandards sowie nutzbringender Anwendungen auf der elektronischen Gesundheitskarte bis 2018. „Eine sichere digitale Infrastruktur verbessert die Gesundheitsversorgung und stärkt die Selbstbestimmung der Patienten – das bringt echten Nutzen für die Versicherten“, sagt Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe. Ab Mitte 2018 sollen Arztpraxen, Apotheken, Krankenhäuser und Versicherte flächendeckend an die Telematik-Infrastruktur angeschlossen sein. Mit der elektronischen Patientenakte würden die behandelnden Ärzte, aber auch die Patienten, besser über ihre Diagnosen und Therapien informiert. Zusätzlich könnten die Patienten selbst die Datenbasis verbessern, indem sie mithilfe von Fitnesstrackern oder Wearables regelmäßig Informationen an den Arzt übermitteln. In anderen Ländern ist die digitale Patientenakte schon seit einigen Jahren Standard.

Die Ärzte sind zudem längst im digitalen Zeitalter angekommen – zum Teil auch unfreiwillig. Denn ihre Patienten kommen immer häufiger gut vorbereitet in die Praxis. Die Hälfte von ihnen hat vorab eine Eigendiagnose gegoogelt und konfrontiert die Ärzte mit ihren Suchergebnissen. Laut einer Umfrage der Bertelsmann-Stiftung empfinden aber 46 Prozent der Ärzte, dass diese Vorab-Diagnose der Patienten ihre Arbeit nur belastet. Krankenhausärzte erleben Patienten, die den ganzen Tag Zeit haben, das Besprochene einer Visite an ihrem Laptop zu hinterfragen – und nicht selten zu einer durch Internetportale geprägten zweiten Meinung kommen. Die Meinung über Diagnosen und Ärzte findet in Bewertungsportalen dann eine digitale Verlängerung. Patienten auf Arztsuche nutzen die Stimmungslage in den Portalen, um sich für eine Praxis zu entscheiden oder eben auch nicht. Das Statistikportal statista hat ermittelt, dass inzwischen 60 Prozent der Deutschen ihren Arzt online suchen.

Darüber hinaus nutzt das medizinische Personal das Internet, um sich selbst zu informieren. Laut statista sind es 63,9 Prozent aller niedergelassenen, Chef- und Oberärzte, die sich im Internet oder über Online-Dienste zu medizinischen Fragen kundig machen. Denn um die Fachmagazine aus Forschung, Studien und Wissenschaft zu lesen und zu studieren, fehlt schlicht die Zeit.

Digitale Fehlerquellen

Sind die digitalen Erkenntnisse denn auch verlässlich? Patienten und Ärzte informieren sich beispielsweise über Wikipedia. Mehrere Studien haben herausgefunden, dass dort nicht alle Beiträge zu medizinischen Themen fehlerfrei sind. Darüber hinaus sind nicht nur Arzt oder Apotheker gefragt, wenn es darum geht, Diagnosen und Medikation elektronisch zu speichern. Beispiel Fitnesstracker: In Produktvergleichen kam heraus, dass Geräte verschiedener Hersteller bei gleicher Wegstrecke gravierend abweichende Ergebnisse bei der Schrittmenge messen. Wenn die Messungen von Puls oder Körpertemperatur ebenfalls zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen, kann dies zu fatalen Fehleinschätzungen führen.

Zusätzlich interessieren sich zum Beispiel Krankenversicherungen für die Werte der Fitnesstracker. Die derzeitige Gesetzeslage lässt es zwar aufgrund des Solidarprinzips (noch) nicht zu: Aber mit den Daten könnten sie eine gesunde Lebensweise attestieren und honorieren – oder einen ungesunden Lebenswandel mit höheren Beiträgen belegen. Sind dafür fehleranfällige Daten die Basis, kann es zu falschen Berechnungen kommen. Und über all dem schwebt das Damoklesschwert der Datensicherheit: Denn Patientendaten sind ein verlockendes Ziel für Kriminelle.

Dennoch spricht vieles für die Sammlung von medizinischen Daten, die das Leben eines Menschen retten können: Im Notfall stehen dem Arzt wichtige Informationen zu Allergien oder Vorerkrankungen sofort zur Verfügung. Er liest den Medikationsplan und kann entsprechend reagieren. Älteren Menschen wird der beschwerliche Weg in Praxis und Apotheke erspart, wenn sie ab 1. Juli 2017 die Online-Videosprechstunde nutzen. Denn die muss ab diesem Zeitpunkt laut E-Health-Gesetz in die vertragsärztliche Versorgung aufgenommen werden. Das Ergebnis der Diagnose wird der Apotheke digital übermittelt, die den Patienten die entsprechenden Medikamente direkt nach Hause schickt.

Darüber hinaus bieten sich noch viele weitere Chancen der Digitalisierung im Gesundheitswesen. Stichworte sind Therapiebegleitung, softwaregestützte Diagnosen oder der Einsatz von Chatbots, wenn ein Patient zum Beispiel telefonisch über eine Hotline Informationen zu einem Medikament erhalten möchte. Das Digitale kann vieles besser machen. Es wird womöglich eines Tages den gleichen Status haben wie das Penicillins oder der Röntgenstrahl. Es birgt aber auch Risiken und Nebenwirkungen.

Autor: Redaktion Zukunft. Kunde.
Bildquelle: adam121 – Fololia/Adobe Stock

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