Im Test bei Versicherungen: die Sprachassistenten: Alexa & Co. – eine neue Chance für den Vertrieb?

„Alexa, schalte das Licht an und bestell mir eine Pizza!“ Solche Befehle an den Sprachassistenten von Amazon oder von Google Home sind heute bereits gängige Praxis in manchen Haushalten. Auch die deutsche Versicherungsbranche denkt inzwischen darüber nach, wie sie die digitalen Assistenten nutzen kann.
Was in den privaten Haushalten funktioniert, wollen immer mehr Unternehmen nutzen, um ihre Produkte und Dienstleistungen anzubieten. Deswegen laufen bei vielen Versicherern Überlegungen und Testprojekte, wie man Sprachassistenten sinnvoll einsetzen kann. Einige von ihnen haben bereits erste Skills für Alexa programmiert. Die Zurich Versicherung testet derzeit einen Prototypen, der die Kunden über Eigenschaften und Preise von Haftpflicht- oder Hausratsversicherungen aufklärt. Der Prototyp informiert den Kunden auch außerhalb der Geschäftszeiten von Versicherungsmaklern und Hotlines über die Produkte der Versicherung, beantwortet Fragen und führt Dialoge mit ihm. Ende des Jahres soll der Prototyp praxisreif sein und an den Start gehen.
Der Dialog ersetzt nicht die Beratung
„Wir wollen dem Kunden einen einfachen Zugang ermöglichen“, sagt der Verantwortliche für das Marktmanagement bei Zurich, Alexander Bernert. „An eine Berufsunfähigkeitsversicherung denkt der Verbraucher ja nicht unbedingt zwischen 9 und 17 Uhr, sondern vielleicht erst kurz vor Mitternacht.“ Dabei will Zurich aber keine Abschlüsse an den klassischen Vertriebspartnern vorbeilenken. „Der Dialog ersetzt nicht die Beratung, wir suchen den Schulterschluss mit den Vermittlern“, sagt Bernert. Auch bei der Allianz wird experimentiert. Allerdings soll sich der Einsatz des Sprachassistenten dort auf einfache Prozesse konzentrieren. Momentan gibt es zwei Skills für Alexa: Zum einen, kann das Gerät Produktinformationen und Vertreter suchen, zum anderen, kann man sich einen individuellen Rentenscore errechnen lassen. Den Grund dafür erklärt Alf Neumann, Vorstand Digitalisierung der Allianz Leben: „Sprachassistenten sind für uns ein Experimentierfeld. In der Digitalisierung haben für uns derzeit andere Aktivitäten Priorität.“
Grenzen und Chancen der Sprachassistenten
Natürlich gibt es innerhalb der Versicherungsbranche auch kritische Stimmen zu den Experimenten mit den digitalen Sprachassistenten. Sie stammen meistens von den klassischen Vertretern und Maklern vor Ort: Will der Kunde überhaupt mit einem Sprachassistenten kommunizieren statt mit einem richtigen Menschen? Wie sieht es mit dem Verbraucherschutz aus? Wie sollen die Verträge via Sprachassistent abgeschlossen werden? Ein Sprachassistent wie Alexa habe das Problem, so der Geschäftsführer der Versicherungsforen Leipzig, Jens Ringel, bisher kein Kontextwissen in seine Dialoge einbeziehen zu können: „Um einen richtig durchstrukturierten Prozess hinzubekommen, dauert es noch mindestens zwei bis drei Jahre.“ Auch in puncto Komplexität seien den Sprachassistenten Grenzen gesetzt. Denn in der Regel sind die Verträge und die Versicherungspolicen sehr umfangreich und kompliziert aufgebaut. Das ist ein Grund, warum die Zurich Sprachassistenten aktuell nur als eine unterstützende Dienstleistung einsetzt. Die Abschlüsse und die detaillierte Beratung sollen weiterhin vom klassischen Vertrieb umgesetzt werden. Ähnlich verfährt die Allianz, die Sprachassistenten für einfache Prozesse einsetzt, aber nicht für die klassische Beratung und für den Verkauf. „Einfache Produkte wie eine Reiseversicherung sind denkbar. Aber von einer echten Beratung ist das noch meilenweit weg“, sagt der Digitalisierungsexperte der Allianz, Alf Neumann. Das kann sich jedoch schneller ändern, als man denkt. Denn die Jugendlichen von heute – also die Kunden von morgen – wachsen mit einem anderen digitalen Selbstverständnis auf. Sie tippen ihre SMS nicht mehr, sondern geben sie über einen Sprachbefehl ein. Wer heute Alexa einen Sprachbefehl für das Abspielen eines Popsongs gibt, findet es später wahrscheinlich völlig normal, dem Sprachassistenten folgenden Befehl zu geben: „Alexa, schließ bitte eine Versicherung für mich ab!“
Autor: Redaktion Zukunft. Kunde.
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