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Internet- und Mobilfunkverbindungen in Deutschland: Im Schneckentempo

Internet- und Mobilfunkverbindungen in Deutschland: Im Schneckentempo

Das Internet in Deutschland lahmt. Für den Wirtschaftsstandort sind das schlechte Aussichten. Denn ohne schnelle Verbindungen kommen die Digitalisierung und die Industrie 4.0 nicht voran. Was sind die Gründe für die langsamen Leitungen?

Deutschland ist im Internet ein Land der zwei Geschwindigkeiten. In den Großstädten locken die Anbieter mit Highspeed-Tarifen, doch je ländlicher Deutschland wird, desto mehr befindet man sich auch digital in der Provinz. Manche Länder in der Dritten Welt wie beispielsweise Ruanda verfügen inzwischen über eine bessere digitale Infrastruktur als die Sächsische Schweiz. Und das wird – so sieht es zumindest heute aus – auf Jahre hinaus noch so bleiben. Beim Handy-Empfang landet Deutschland in einem weltweiten Ranking lediglich auf Platz 44 von 130 Ländern und beim Festnetz-Internet auf Platz 25, noch hinter Ländern wie Peru, Panama oder Rumänien. Und beim Thema Geschwindigkeit sieht es gemäß einer Analyse des Netztesters OpenSignal auch nicht viel besser aus: Weniger als sechs von zehn Handynutzern (59 Prozent) in Deutschland erreichen das Hochgeschwindigkeits-Netz LTE (Long Term Evolution), Nationen wie Südkorea oder Japan erreichen dagegen Spitzenwerte, die weit über 90 Prozent liegen.

 

Schlaglöcher lieber als Funklöcher

 

Das ist ein Riesenproblem für die Wirtschaft, die Digitalisierung und die Industrie 4.0! Denn das mobile Internet ist die Basis für zahlreiche innovative Technologien und sollte daher überall und in Echtzeit verfügbar sein. Selbstfahrende Autos müssen innerhalb von Millisekunden Informationen empfangen und senden können, ebenso schnell benötigen Roboterarme in der Industrie, Herzschrittmacher und Chatbots diese Befehle und Daten. Fehlen entsprechend schnelle Verbindungen und Zugänge ist dies nicht nur ärgerlich, sondern kann sogar lebensgefährlich sein. Doch häufig leistet das Netz in Deutschland nicht das, was uns die Netzbetreiber versprechen. Der Internet-Zugang im ICE ist nahezu tot, sobald der Zug durch unbewohnte Landschaften rauscht. Die Netze in Flughäfen sind überlastet, sobald mehr als 150 Reisende gleichzeitig mobil telefonieren wollen. Und die Logistikbranche, die inzwischen nahezu papierlos Waren durch die Republik bewegt, hat inzwischen Schlaglöcher lieber als Funklöcher.

Der Fluch des Kupfers

Doch was ist schiefgelaufen? Warum funktioniert das Netz in Deutschland nicht so wie in anderen Hightech-Staaten? Dafür gibt es mehrere Gründe: Bei der Versteigerung der LTE-Frequenzen im Jahr 2015 hatte die Bundesregierung zur Auflage gemacht, dass die Anbieter bis 2018 98 Prozent der Haushalte mit LTE versorgen sollten. Die Folge: Dicht besiedelte Städte werden mit LTE versorgt, ländliche Regionen mit wenigen Haushalten dagegen fast ignoriert. So werden die Vorgaben fast erfüllt, obwohl es weiterhin große Funklöcher gibt – vor allem auf dem Land. Ein weiterer Grund für die langsamen Leitungen ist der Fluch des Kupfers. In fast jedem Dorf in Deutschland liegt ein Netz aus dem teuren Metall.

Doch im Zeitalter des Internets reicht das nicht mehr. Deutschland surft wegen seiner vielen Kupferleitungen im Schneckentempo. Obwohl die Bundesregierung versprochen hatte, dass bis 2018 jeder Haushalt über eine Bandbreite von 50 Megabit pro Sekunden verfügen sollte, sind es im Durchschnitt tatsächlich nur 15,3 Megabit. Die Lösung wären flächendeckende Glasfaser-Netze, denn Glasfaser ist dem Kupferkabel als Datenleitmedium technisch haushoch überlegen. Deutschland hinkt jedoch bei der Umsetzung dieser Technologie mit ihren Gigabit-Bandbreiten noch weit hinterher. Nur 1,6 Prozent aller Gebäude sind aktuell an eine Glasfaserleitung angeschlossen, im OECD-Durchschnitt sind es bereits 20 Prozent. Deswegen will die Telekom, die quasi das Monopol für den superschnellen Internetausbau besitzt, das alte (Kupfer-)Netz mithilfe einer Vectoring-Technik aufrüsten und so die Geschwindigkeit erhöhen. Dadurch seien 100 Megabit pro Sekunde und ab Mitte 2018 durch ein „Super-Vectoring“ sogar 250 Megabit pro Sekunde möglich, so die Telekom.

Keine Geschäfte ohne Netze

Die Vectoring-Technik ist allerdings nur für die „letzte Meile“ vom grauen Verteilerkasten bis ins Haus geeignet. Ein grundsätzliches Problem wird damit nicht gelöst: Auf den großen Strecken werden Glasfaserkabel benötigt. Und deren Ausbau verläuft vor allem wegen der hohen Kosten und der deutschen Tiefbauvorschriften schleppend. Der Präsident des Bundesverbandes IT-Mittelstand, Oliver Grün, befürchtet sogar den Verlust unseres Wohlstands, wenn nicht endlich in Glasfaser investiert werde. Deshalb fordert er vom Bund eine Anschubfinanzierung von 20 Milliarden Euro, um eine solche Investition anzuschieben. Diese Summe sei nötig, damit Deutschland bei der Digitalisierung seinen Rückstand aufholen könne. Christoph Bornschein von der Berliner Digitalberatung TLGG formuliert es noch drastischer: „Ohne schnelle Netze kann man heute keine Geschäftsmodelle entwickeln.“

Autor: Redaktion Zukunft. Kunde.
Bild: faithie – Fotolia/Adobe Stock

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