| Zukunft Kundenkommunikation

Interview mit Prof. Dr. Andreas Schmidt, Leiter des Kompetenzzentrums Kundenbeziehungsmanagement der Hochschule Osnabrück

Interview mit Prof. Dr. Andreas Schmidt, Leiter des Kompetenzzentrums Kundenbeziehungsmanagement der Hochschule Osnabrück

"Nutzen bieten, authentisch handeln"
Wenn Produkte und Dienstleistungen immer austauschbarer werden, wird die Beziehung zwischen Unternehmen und Kunden zum entscheidenden Erfolgsfaktor. Wie diese Beziehung optimal gestaltet werden kann, weiß Prof. Dr. Andreas Schmidt von der Hochschule Osnabrück.

Kundenbeziehungsmanagement ist ein aktuelles Buzzword, das in Theorie und Praxis viel diskutiert wird. Wie definieren Sie den Begriff?

Andreas Schmidt: Es geht beim Kundenbeziehungsmanagement darum, alle Aktivitäten eines Unternehmens strategisch auf den Kunden und seine Bedürfnisse auszurichten. Die Entwicklung dahin startete in den 1990er-Jahren. Zuvor standen erst die Technologie, die ein Unternehmen verwendete, und dann seine Produkte im Zentrum der Strategie.

Auf welche Bereiche eines Unternehmens wirkt sich diese Ausrichtung auf die Kundenbedürfnisse aus?

Andreas Schmidt: Auf alle. Kundenbeziehungsmanagement betrifft zum einen die Bereiche, die klassischerweise direkte Berührungspunkte mit dem Kunden haben, also Marketing, Vertrieb und Services. Zum anderen können Kunden Unternehmen aber auch in anderen Bereichen wertvolle Impulse geben, etwa in der Produktentwicklung. Lego hat beispielsweise eine Onlineplattform, auf der die Nutzer neue Ideen für Lego-Sets vorstellen und sich austauschen können. Statt vorzugeben, wofür die Bausteine geeignet sind, hat das Unternehmen also seine Kunden ermuntert, sich kreativ mit den Produkten auseinanderzusetzen und eigene Ideen einzubringen. Aber natürlich bleibt die Entwicklung im Kundenbeziehungsmanagement nicht stehen. Analytics wird in Zukunft immer wichtiger werden.

Welchen Nutzen bietet Kundenbeziehungsmanagement den Unternehmen?

Andreas Schmidt: Durch die Ausrichtung auf die Kunden erfahren sie, wer ihre Kunden sind und was diese möchten. Viele Unternehmen sind der Meinung, dass sie das bereits wissen, und stellen dann fest, dass das ein Irrtum war. Von diesem neuen Kundenwissen profitieren zunächst Marketing und Vertrieb, auf lange Sicht können Unternehmen damit ihre Wettbewerbsfähigkeit steigern und sichern. Denn ein Unternehmen, das die Bedürfnisse seiner Kunden kennt, hat viel bessere Möglichkeiten, diese an sich zu binden. Kundenbindung bedeutet mehr, als eine Kundenkarte auszugeben bzw. ein Loyalty-Programm aufzusetzen, das letztlich nur auf Rabatten basiert. Bekomme ich die Rabatte als Kunde nicht mehr, habe ich auch keinen Grund, dem Unternehmen treu zu bleiben. Ein Angebot wie die erwähnte Lego-Plattform ist deutlich nachhaltiger. So bekommt man engagierte, enthusiastische Kunden.

Stichwort Enthusiasmus: Wie begeistert man Kunden?

Andreas Schmidt: Dafür sind meines Erachtens nach zwei Aspekte wichtig. Erstens braucht das Unternehmen sehr gute Produkte oder Dienstleistungen, die den Kunden einen hohen Nutzen bieten. Und zwar nicht nur den Nutzen, den sie erwarten. Denn wenn ich Erwartungen erfülle, entsteht lediglich Zufriedenheit. Biete ich mehr, überrasche ich positiv, dann entsteht Begeisterung.

Zweitens muss das Unternehmen authentisch agieren. Es muss so sein, wie es sich darstellt – dann können sich die Kunden mit dem Unternehmen identifizieren. Und das gilt für sämtliche Bereiche des Unternehmens.

Was heißt das zum Beispiel für den Kundenservice?

Andreas Schmidt: Dass ich die Kunden und ihre Anliegen ernst nehme und mich um diese kümmere. Schöne Worte auf der Unternehmenswebsite helfen hier nicht weiter. Schon nach einem Anruf im Servicecenter oder einer Antwort auf seine E-Mail weiß ein Kunde, ob das Unternehmen es ernst mit ihm meint oder auch nicht. Und es ist heute sehr einfach, diese Erfahrung – positiv oder negativ – mit anderen Kunden zu teilen. Darüber muss sich jedes Unternehmen im Klaren sein.

Ein Beispiel für guten Kundenservice ist der Werkzeughersteller Hilti. Fällt eine Maschine aus, bekommt der Handwerker sofort Ersatz. Das heißt, Hilti verkauft im Grunde den Nutzen, den die Maschinen bringen, und sorgt dafür, dass dieser Nutzen für den Kunden erhalten bleibt. Das ist etwas ganz anderes als zu sagen: Schicken Sie das Gerät bitte ein, dann schauen wir mal weiter…

Sie beraten kleine und mittelständische Unternehmen, die CRM einführen möchten. Was müssen diese dabei beachten?

Andreas Schmidt: Ich würde jetzt gern einen Zehn-Punkte-Leitfaden geben, aber jedes Unternehmen hat seine ganz eigenen Herausforderungen. Eine typische Ausgangssituation ist, dass Informationen über die Kunden in vielen unterschiedlichen, heterogenen Quellen abgespeichert sind – im schlimmsten Fall nur in den Köpfen einiger Mitarbeiter. Ein weiteres Beispiel ist, dass die Unternehmensstrategie noch technologiezentriert ist, was einfach nicht mehr zeitgemäß ist. Kunden bezahlen, wie gesagt, für einen Nutzen, nicht für eine Technologie.

Letztlich geht es um eine ganzheitliche Betrachtung des Unternehmens, unterteilt in vier Ebenen: Strategie, Prozesse, IT-Systeme und Controlling. Typische Fragen sind: Ist die Unternehmensstrategie eher technologie- oder kundenorientiert? Wo ist das Wissen über die Kunden gespeichert? Gibt es ein Kampagnenmanagement und definierte Prozesse für die Qualitätssicherung? Um nur einige Beispiele zu nennen…

Sollte die Einführung und der Betrieb eines CRM-Systems intern oder extern abgebildet werden?

Andreas Schmidt: Ich rate grundsätzlich dazu, sich Beratung von einem externen Partner zu holen, der strategisch denkt und das Gesamtbild im Blick hat. Denn die Ausrichtung des gesamten Unternehmens auf den Kunden bedeutet in den meisten Fällen auch, dass sich Organisation und Unternehmenskultur verändern. Solche Themen kann ein Berater mit neutralem Blick viel besser adressieren. Ein externer Partner macht vor allem in den Bereichen Sinn, die nicht zur Kernkompetenz eines Unternehmens gehören. Hierzu zählt neben den technischen Systemen eben auch der Kundendialog.

 

 

Prof. Dr. Andreas Schmidt

Prof. Dr.-Ing. Andreas Schmidt vertritt das Lehrgebiet Wirtschaftsinformatik an der Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der Hochschule Osnabrück und leitet das Kompetenzzentrum Kundenbeziehungsmanagement. Zuvor war Schmidt als Unternehmensberater, als Geschäftsführer des Sonderforschungsbereiches “Selbstoptimierende Systeme des Maschinenbaus” am Heinz Nixdorf Institut der Universität Paderborn sowie als assoziierter Forscher am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz in Kaiserslautern tätig. Weitere Infos finden Sie hier.

 

Autor: Redaktion Zukunft. Kunde.
Bild: © sebra – AdobeStock

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