Kundeninteraktion der Zukunft, Teil 4: Kein Produkt ist final

Viele Verbraucher wünschen sich individuelle, möglichst personalisierte Produkte: Schokodragees werden mit einem Foto des Partners bedruckt, der Lieblingsfilmheld ziert die Smartphone-Hülle – wie wird sich dieser Trend angesichts immer flexibler werdender Produktionsprozesse entwickeln? Der vierte Teil unserer Serie zur Kundeninteraktion der Zukunft gibt mögliche Antworten.
Autokäufer können sich auf der Suche nach „ihrem“ Fahrzeug schon seit Jahrzehnten mit immer umfangreicher werdenden Ausstattungslisten und der Frage „Was brauche ich – und was will ich?“ beschäftigen. Opel hat das aktuell auf die Spitze getrieben und macht bei seinem Stadtflitzer Adam die Käufer zu Mit-Designern. Allein für das Exterieur gibt es dank zweifarbiger Lackierung, verschiedener Dekore und Felgen sowie auswechselbarer farbiger Clips nach Angaben des Herstellers mehr als 60.000 Kombinationsmöglichkeiten, für den Innenraum sollen es sogar mehr als 80.000 sein. Den passenden Schuh zum Auto – oder zu anderen Gelegenheiten – bekommen Sneakerfans bei Adidas: Mittels einer App können sie eigene Bilder direkt auf ihre Schuhe drucken lassen.
Konsumenten werden also immer mehr zu Co-Produzenten. Die von vielen Seiten angekündigte nächste industrielle Revolution „Industrie 4.0“ wird diese Entwicklung noch weiter forcieren: Maschinen und Produktionsprozesse verbinden sich zu Smart Factories, cloudbasierte Plattformen übernehmen das Monitoring, die Wartung und die Optimierung der Maschinen. Diese wiederum kommunizieren miteinander und entscheiden eigenständig, wann welche Maschine wo zum Einsatz kommt. Produktionsprozesse werden so noch flexibler – und autonomer. Forscher des Fraunhofer-Instituts haben zum Beispiel in den USA eine selbständige Farm aufgebaut. Die Pflanzen wachsen in Behältern mit Hydrokulturen aus Mineralwolle. Licht, Wasser und Nährstoffe werden automatisch ausgegeben.
Individualisieren, verändern, verbessern – auch nach dem Kauf
In Zukunft wird die Anpassung an Kundenwünsche nicht auf den Zeitraum vor dem Kauf beschränkt sein, denn Produkte können sich auch nach der eigentlichen Herstellung noch verändern oder weiterentwickeln. Forscher des Massachusetts Institute of Technology haben bereits verschiedene Materialien für intelligente Kleidung entwickelt. Sporttrikots reagieren auf Veränderungen der Luftfeuchtigkeit und öffnen kleine Lüftungsklappen, wenn man ins Schwitzen gerät. Ein anderes Material zieht sich bei Kälte zusammen und dehnt sich bei Wärme aus, der Stoff wird dichter oder grobmaschiger. Eine Jacke aus diesem Material würde selbst regulieren, wie warm oder luftig sie ist.
Viele Produkte sind in der Zukunft niemals vollständig fertig, sondern befinden sich permanent im Betastadium. Bis zu ihrem Lebensende können sie durch Software-Updates und die Ergänzung oder den Austausch von Hardware – hergestellt mit dem 3-D-Drucker in der eigenen Garage – verändert werden. Die Marktforscher von „Research and Markets“ gehen davon aus, dass der weltweite Markt für 3-D-Druck im Jahr 2022 etwa 30 Milliarden US-Dollar umfassen wird. 2016 waren es nach Angaben von Statista rund 10 Milliarden. Welche Eigenschaften ein verändertes Produkt hat, können die Verbraucher vor dem Kauf des Upgrades über verschiedene Wege erfahren: Augmented Reality (AR) und Virtual Reality (VR) geben einen realistischen Eindruck, verschiedene Plattformen ermöglichen den Erfahrungsaustausch mit anderen Nutzern oder das Ausleihen eines Geräts direkt vom Anbieter.
Aber nicht nur physische Produkte werden veränderbar sein. Eine Versicherungspolice etwa passt sich automatisch an eine Dienstreise ins Ausland, ein neues sportliches Hobby oder einen Skiurlaub an. Smarte Heizungsthermostate reagieren nicht nur darauf, ob sich gerade jemand in der Wohnung aufhält, sondern analysieren selbständig den Energiemarkt und verändern den Energiemix, um Kosten zu sparen oder möglichst umweltbewusste Energiequellen zu nutzen. Je nachdem, was für den Bewohner wichtig ist.
Diese Services setzen in den meisten Fällen allerdings eine Gegenleistung der Nutzer voraus: Daten. Denn damit Unternehmen Produkte, Leistungen und Konditionen automatisch anpassen können, müssen sie die entsprechenden Informationen vom Nutzer oder seinem persönlichen digitalen Assistenten erhalten. Dann aber können sie mit Hilfe von Predictive und Real-time Analytics hoch personalisierte Produktumgebungen schaffen, die Verbraucher permanent einsehen und aktiv verändern können.
Auswirkungen auf den Dialog mit den Kunden
Die Möglichkeit, Produkte permanent zu verändern, hat verschiedene Auswirkungen für den Kundendialog:
- Der Kundenservice wird hochgradig individuell und anwendungsorientiert. AR- und VR-Lösungen zeigen Verbrauchern realitätsnah, wie sie Produkte verwenden und anpassen können.
- Die Interaktionen zwischen Kunden, Herstellern, Verkäufern und anderen Kunden nehmen deutlich zu.
- Um Kunden die richtigen Produktanpassungen bieten zu können, müssen umfangreiche Datenmengen analysiert und intelligent gefiltert werden.
- Das Management des eigenen Data Footprint wird für den Kunden ein wichtiger Servicefaktor.
- Auch die persönlichen Anpassungen bringen einen Fluss von Informationen mit sich, die gemanagt werden müssen.
- Anbieter können Entwicklungsfehler kurzfristig beheben und neue Features schnell integrieren.
Autor: Redaktion Zukunft. Kunde.
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