Sebastian Schmidt, Senior Consultant bei junokai
New Normal braucht New Learning: Impulse für ein zeitgemäßes Lernen in Serviceorganisationen

Durch die Digitalisierung und das New Normal haben sich die Ansprüche von Konsumenten an den Kundenservice verändert. Um Kundenberater optimal auszubilden, müssen alte Strukturen von Trainings und Schulungen in Customer Service Organisationen hinterfragt und New Learning sollte etabliert werden.
Digitalisierung und gesellschaftlicher Wandel prägen die Rahmenbedingungen für Trainings und Schulungen in Unternehmen. Trainingsprozesse, -inhalte und -infrastrukturen halten mit diesen Entwicklungen oft nicht Schritt. Mitarbeiterpotenziale werden verschenkt, Kundenzufriedenheit verspielt und Kosten erzeugt.
Lernen verändern – eine zeitgemäße Fragestellung
Nicht erst seit dem „digitalen Homeschooling“ und dem „Remote Work“ Trend werden tradierte Lehrmethoden kritisch hinterfragt. Auch Schulungsprozesse im Customer Service der Zukunft werden sich durch die Digitalisierung grundlegend verändern.
Folgende Fragen stellen sich, denkt man über zeitgemäßes Lernen nach:
- Wie können wir Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter besser auf Arbeitsplätze vorbereiten, die sich im Wandel befinden?
- Wie können wir sie befähigen, Herausforderungen zu bewältigen, die noch nicht einmal absehbar sind?
- Wie schaffen wir es, bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Kompetenz aufzubauen, damit neue Technologien wertschöpfend eingesetzt werden?
- Bei all diesen Anforderungen: Was brauchen Lernende, um ihre Fähigkeit zu entwickeln, wertschätzend miteinander und mit ihren Kundinnen und Kunden umzugehen?
- Und letztlich: Wie passen Kostendruck und Performanceanforderungen mit den individuellen Lernvoraussetzungen der unterschiedlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zusammen?
Um diese Fragen beantworten zu können, müssen wir die Jahrhunderte alten Pfade des Lehrens nach dem Prinzip des sogenannten „Nürnberger Trichters“ verlassen.
Dass diese Art der Wissensvermittlung in Serviceorganisationen noch weit verbreitet ist, erkennt man mit Blick auf die übliche Form der Initialschulungen. Nach dem Muster „Lernen und Abspeichern“ wird in Schulungsräumen mit Präsentationen mehrere Wochen lang Vorratswissen frontal vermittelt. Die Aufnahmebereitschaft der Lernenden gerät an ihre Grenzen. Die Fähigkeit, Wissen wiederzugeben wird als einheitliches Selektionskriterium für passende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewählt. Die Folge sind hohe drop-out Raten während der Schulung oder beim Praxistransfer am Arbeitsplatz.
Die Kundenzufriedenheit leidet, da sich gestresste Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eher als Produktionsmittel in einer Servicefabrik fühlen, anstatt auf kompetenten Service und gute Performance im Kundenkontakt vorbereitet zu sein.
Diese wenig zeitgemäße Art des Onboardings von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist trotz aller Kunden- und Mitarbeiterzentrierung oftmals noch ein blinder Fleck für Führungskräfte. So werden Folgekosten und personelle Aufwände generiert, die das Unternehmen spätestens im Arbeitsalltag an den Telefonen und im Back Office einholen.
9 Veränderungsimpulse für zeitgemäßes Lernen in Serviceorganisationen
Trendstudien zeigen, dass das Thema „New Learning“ stärker auf die Agenda gesetzt wird. So attestiert der Trendmonitor des mmb Instituts „Learning Delphi Studie 2020/21“ die positive Branchenstimmung bei e-Learning-Anbietern sowie die verstärkte Nachfrage nach Micro-Learning, Social Learning oder Erklärfilmen.
Der Erfolg neuer Lernformate hängt nicht allein vom Einsatz zeitgemäßer Technologie und Lernmethoden ab. Vielmehr geht es um einen Perspektivwechsel auf die Rolle der Lernenden sowie auf die Aufgaben der Trainer.
Wir laden Sie ein, die folgenden 9 Anregungen auf den Prüfstand zu stellen:
1. In ihrer Vielfalt bieten Lernende weitgehend unerschlossenes Potenzial für Wertschöpfung im Kundenservice und im Telesales.
Menschen in Serviceeinheiten haben diverse kulturelle und gesellschaftliche Hintergründe. Diese über einen Kamm zu scheren, kann nicht gelingen. Fähigkeiten bleiben so verschlossen, die im Kundenkontakt dringend benötigt werden.
2. Die Lernenden gehören in den Mittelpunkt. Trainer schaffen Lernerfolge durch zugewandte Lernbegleitung und nicht durch Multiple-Choice-Tests.
Das Ergebnis eines erfolgreichen Trainings sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Anwendungskompetenz. Dies gelingt über vielfältige Wege der Wissensvermittlung und des Feedbacks. Bestenfalls sind diese individualisiert, bedarfsorientiert und praxisnah.
3. Eine Messung des Lehrerfolges mit Feedbackbogen ist uninteressant. Erkennbarer Lernerfolg durch Performancesteigerung ist die harte Währung.
Der Befragungsbogen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Ende eines Trainings kann nur ein Hinweis auf erfolgreiche Wissensvermittlung sein. Wir schlagen vor, Lernziele an Performanceindikatoren fest zu machen und anhand deren Entwicklung auf die Qualität eines Trainings zu schließen.
4. Lernerfolge steigen deutlich, wenn die individuellen Ziele der Lernenden mit den unternehmerischen Zielsetzungen abgeglichen werden.
Das Lernumfeld sollte die Vorkenntnisse, Fähigkeiten, Bedürfnisse und die zur Verfügung stehenden physischen und intellektuellen Ressourcen einer einzelnen Person berücksichtigen. Verfügt das Unternehmen über ein klares Lernkonzept und einen soliden organisatorischen Rahmen, kann die wertschöpfende Entwicklung der Mitarbeitenden erfolgen.
5. Das Lernen muss raus aus den inhaltlichen Silos. Die Ausbildung und Verflechtung von Spezialisten- und Generalistenwissen schafft Problemlösungskompetenz.
Die Ausbildung von spezialisierten Fähigkeiten muss kombiniert werden mit der nötigen fachlichen Breite, um mit Experten aus anderen Bereichen zusammenarbeiten zu können (T-shaped Profiles). Neben Fakten-Wissen wird das Verstehen themenübergreifender Zusammenhänge immer ausschlaggebender für ein „Lösungs-Können“ im Kundenkontakt.
6. Lernen erfolgt mit Hilfe der passenden Lernumgebung sowie durch Kolleginnen und Kollegen – und auch durch Trainer.
Der Trend geht zum informellen Lernen – das bestätigt auch die delphi-Umfrage des mmb-Instituts 2021/2022. Selbstorganisiertes Lernen in informellen Lernsettings mit kollegialem Austausch (Social Workplace Learning) führt zur Verbreitung von aktuellem und angewandten Wissen. Trainer können diese Lernprozesse als Coaches begleiten.
7. eLearning ist nicht das Patentrezept für alle Lernfragen. Das Lernformat muss sich dem Lernziel unterordnen.
Lernvideos oder Web-based Trainings sind in den aktuellen Zeiten Pflicht. Es kommt darauf an, diese Formate sinnvoll in einen Lernprozess zu integrieren, der Fakten vermittelt, Verstehen ermöglicht, Übungsmöglichkeiten bietet und für Praxiserfahrung sorgt.
8. Angebote, Lernen zu lernen, gehören auf die Agenda jeder Mitarbeiterentwicklung.
Unternehmen sollten sich insbesondere bei hochspezialisierten Experten darauf verlassen können, dass diese ihr Wissen erhalten und ausbauen. Diese Selbstlernkompetenz ist in der schnelllebigen Arbeitswelt eine wichtige Fähigkeit geworden, die es zu fördern gilt.
9. Führungskräfte haben die Aufgabe, Rahmenbedingungen für kontinuierliche Lernmöglichkeiten zu schaffen und zu erhalten.
Die Führungskraft ist nicht mehr Bewilliger von Schulungen, sondern sorgt stärker denn je für die motivierende Entwicklung der Teammitglieder. Hierfür werden Budgets und Zeit benötigt, genauso wie ein Überdenken der KPIs zur Messung von Führungserfolg.
New Learning als Schlüssel zum Erfolg im Kundenservice
Training und Development von Führungskräften und Experten wird von HR-Abteilungen als Notwendigkeit angesehen. Da sich beinahe täglich die fachlichen und kommunikativen Anforderungen im Kundenkontakt verändern, muss das Thema Lernen allerdings auch einen Schwerpunkt in Serviceeinheiten bekommen. Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben Freude am Lernen. Diese positive Disposition ist mit zeitgemäßen Formaten und einem passenden Kosten-Aufwand-Verhältnis zu nutzen. Die Aufgabe der Führungskräfte ist es, Anreize zu setzen, attraktive Angebote zu schaffen und passendes Feedback im Lernprozess zu ermöglichen.
Die Transformation der Lernumgebung sollte auf Erfahrungen aus Change Projekten aufbauen: Klein starten, im überschaubaren Rahmen Veränderungen umsetzen, in kurzen Zeitabschnitten evaluieren, das Vorgehen anpassen, positive Publicity erzeugen und verbreiten. Starten Sie mit dem Qualitäts-Check der Initialschulung und skalieren Sie anschließend auf das umfassende Trainingskonzept.
Lernen spielt die entscheidende Rolle bei der Sicherung des individuellen und geschäftlichen Wachstums. Um den disruptiven Veränderungen im New Normal gerecht zu werden, müssen wir New Learning ermöglichen.
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Sebastian Schmidt
Senior Consultant bei junokai
E-Mail: sebastian.schmidt@junokai.de