Sebastian Schmidt, Senior Consultant bei junokai
Onboarding im Kundenservice: Potenziale entfalten

Damit neue Teammitglieder im Kundenservice ihr Potenzial entfalten können und eine herausragende Customer Experience durch ihren Service ermöglichen, muss ein Umdenken im Onboarding geschehen. Besonders in der aktuell angespannten Lage auf dem Arbeitsmarkt ist es wichtige, Onboardingprozesse durch New Learning Methoden zu optimieren und die Mitarbeiterzufriedenheit zu steigern.
Onboardings und Initialschulungen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Kundenservice sind oft Druckbetankungen mit anschließenden Erschöpfungssymptomen bei den Lernenden. Dies ist weder für die Lernenden noch für Unternehmen zielführend. Damit neue Teammitglieder ihr Potenzial entfalten können und eine herausragende Customer Experience durch ihren Service ermöglichen, muss ein Umdenken im Onboarding geschehen.
Stellenüberhang auf Rekordniveau verändert den Blick
Der Stellenüberhang, also die Anzahl nicht besetzter Arbeitsplätze, befindet sich in Deutschland aktuell auf Rekordniveau und der Fachkräftemangel ist in aller Munde. In dieser angespannten Lage auf dem Arbeitsmarkt ist es umso wichtiger, Onboardingprozesse zu optimieren und die Mitarbeiterzufriedenheit dadurch zu steigern.
Onboarding als elementarer Bestandteil der Employee Experience
Positive Emotionen entstehen insbesondere durch Gemeinschaftserfahrungen, denen wir Bedeutung beimessen – ganz unabhängig, ob es sich um unser Berufs- oder Privatleben handelt. Diese Emotionen sind bestimmend dafür, wie gut wir neue Inhalte lernen.
Wie lassen sich diese positiven Erfahrungen also bereits im Onboarding und der Grundlagenschulung im Unternehmen erzeugen? Die folgenden fünf Aspekte können dabei helfen.
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Rekrutierung mit offenem Visier
Es beginnt beim Employer Branding: Eindeutigkeit und Authentizität bei der Formulierung der Anforderungen und der Benefits am Arbeitsplatz, geschrieben in einer Sprache, die zur Zielgruppe passt, erspart spätere Irritationen beim Onboarding. Wird in der Stellenanzeige und den Bewerbungsgesprächen ein falsches Bild vermittelt, müssen die neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter später mit der Enttäuschung umgehen und inhaltlich umlernen. Sicherlich ist das kein guter Start für eine positive Beziehung mit einem neuen Arbeitgeber.
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Onboarding ist ein People-Business
Hoffnung und Aufbruchstimmung, aber auch Sorgen und Ängste bestimmen das Fühlen, Denken und Handeln frisch rekrutierter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wichtig ist es daher, die Menschen im Onboardingprozess ganzheitlich, also nicht nur auf Grundlage ihrer fachlichen Stärken und Schwächen zu sehen. Das notwendige fachliche Wissen und die professionelle Handlungsfähigkeit in den spezifischen Arbeitsprozessen wird insbesondere dann leicht erzeugt, wenn die emotionale Seite des Lernens in diesem prägenden Moment berücksichtigt wird. Digitalisierung ist hier nicht das Patentrezept. Bedeutsam sind vor allem Trainer und Führungskräfte, die sich als Mentoren und Coaches verstehen.
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Das Meister-Lehrlings-Verhältnis
Wie lässt sich das klassische Meister-Lehrlings-Verhältnis gemäß des Cognitive Apprenticeship-Ansatzes in die Gegenwart der Arbeit im Servicecenter übersetzen? Die zentrale Forderung lautet, Lern- und Anwendungsprozesse stark miteinander zu verbinden. Jeder einzelne Prozessschritt und seine Bedeutung bis zum Ziel des Vorgangs sollte den Lernenden verständlich gemacht werden. So werden Teilschritte nachvollziehbar, können leichter abgespeichert und selbst durchgeführt werden. Der Trainer führt am Anfang die Arbeitsschritte beispielhaft durch. Anschließend wird mehr und mehr die selbständige Bearbeitung eingeübt. Der Trainer bleibt dabei langfristiger Lernbegleiter und gibt nach dem Training begleitende Hilfestellung als Coach. Eine wichtige Schlussfolgerung: zwischenmenschliche Interaktionen haben große Bedeutung und Trainer haben eine Vorbildrolle.
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Es gibt kein richtiges Lernen im falschen System
Über die Bedeutung von Lernen und die Beimessung von Nutzen und Kosten zu Onboardings und Grundlagenschulungen besteht eine ungeschriebene Übereinkunft im sozialen System Unternehmen. In vielen Organisationen stellen Zeitknappheit, Kostendruck und die aggressive Wettbewerbssituation akzeptierte Argumente dar, um Vorbereitungszeiten von Grundlagenschulungen eng zu bemessen und das eigentliche Onboarding möglichst schnell abzuwickeln. Nehmen die Stakeholder aber wertschätzende Sichtweisen auf das Lernen ein und setzen die sich daraus ergebenden Rollen um, dann wird sich die Wertschöpfung des Unternehmens nachhaltig verbessern. Dies betrifft unterschiedliche Hierarchieebenen:
- Die C-Ebene sollte erkennen, dass Trainingsqualität die Grundlage für wertstiftenden Kundenservice ist. Zum Beispiel müssen immer komplexer werdende Produkt-Dienstleistungs-Bundle von Kundenberatern so erklärt werden, dass Kunden deren Nutzen verstehen und Markensympathie entwickeln.
- Direkte Vorgesetzte könnten bereits bei der Initialschulung beginnen, zwischen den Potentialen der Lernenden, den Interessen des Unternehmens und den aktuellen Herausforderungen bei der Performance zu moderieren.
- HR Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollten den langfristigen Stellenwert des Onboardings im Unternehmen betonen und diesen kontinuierlich attraktiv kommunizieren.
- Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Qualitätssicherung könnten Supervisoren für Trainer sein. Sie könnten kontinuierlich sicherstellen, dass in der Grundlagenschulung relevante Inhalte vermittelt werden.
- Trainer sollten das Selbstverständnis eines zugewandten Vermittlers von Praxiswissen und Lernbegleiters entwickeln.
- Verantwortliche in der IT könnten dafür sorgen, dass die Weiterentwicklung und der Betrieb einer Omnichanel-Lernplattform mit hoher Priorität und Weitblick erfolgt. Sie sollten Trainer zudem aktiv bei technischen Fragen unterstützen.
- Dienstleister könnten Trainingsinhalte in digitale Formate übersetzen. Dazu gehören zum Beispiel Produktion, UX, Programmierung oder technischer Omnichanel-Betrieb.
- Lernende könnten Lernkompetenz auf- und ausbauen und Feedback zu Prozess, Gestaltung und Inhalt der Grundlagenschulung geben. Erfahrene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können Lerninhalte ergänzen und die Praxisnähe verbessern. Sie helfen auch durch informellen Austausch die Kompetenz der Neueinsteiger zu erhöhen.
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Die Initialschulung ist eine „unendliche Geschichte“ – aber mit hohem Tempo
Onboarding und Grundlagenschulungen sind niemals in Beton gegossen. Sie sollten mit Methoden des Design Thinkings kontinuierlich überprüft und angepasst werden. Das Arbeiten mit Persona-Modellen hilft einen empathischen Blick einzunehmen. Eine stete Beobachtung und das Verstehen-Wollen der Bedürfnisse der neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter führt zu „Minimum Viable Products“ , also zu brauchbaren Prototypen, mit denen kurzfristig Feedback bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingeholt werden kann. Mit diesem Vorgehensmodell, ergänzt um die Haltung „fail early, fail often“, lassen sich trotz rasantem Wandel schnell erfolgreiche Trainingsansätze (weiter)entwickeln.
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Sebastian Schmidt
Senior Consultant bei junokai
E-Mail: sebastian.schmidt@junokai.de